Schachtaktik in Russland und der Sowjetunion vom 19. Jahrh. bis 1990   / 2007 Schachtaktik in Russland und der Sowjetunion vom 19. Jahrh. bis 1990 / 2007
(aus unserem Flohmarkt.)
Einleitung Obwohl in der früheren Sowjetunion (und auch heute in ihren zahlreichen Nachfolgestaaten) mehr Menschen im organisierten Schach erfasst waren und sind als in allen anderen Staaten der Welt zusammengenommen und obwohl die führenden sowjetischen Schachmeister stark genug waren, um gegen eine Welt-Auswahl erfolgreich bestehen zu können, weiß man im Westen eigentlich sehr wenig über das Schachleben in Russland und der Sowjetunion. Und das. was bekannt ist, ist oft unvollständig, ungenau oder verzerrt oder verklärt. Zunächst muss man sich klar machen, dass die Sowjetunion kein monolithischer Block war, sondern ein Vielvölkerstaat, in dem ungefähr 120 Sprachen vertreten waren! Vom Baltikum über Sibirien und große Teile Asiens bis zum Pazifik erstreckte sich das größte Reich der Erde (was auch heute noch weitgehend auf Russland zutrifft). So bestand das sowjetische Schach nicht nur aus den großen Metropolen Moskau und Leningrad, sondern zahlreiche rivalisierenden Gebieten und Bevölkerungsgruppen wie etwa die Ukrainer, Armenier oder Balten standen im Wettbewerb der Meisterschaften, aber auch im Wettstreit der Ideen und der theoretischen Arbeit. Und nicht etwa die großen Zentren, sondern das eher bescheidene Baku am kaspischen Meer brachte den stärksten aller sowjetischen Schachspieler Garri Kasparow hervor. Natürlich war das sowjetische Schachleben den politischen Erfordernissen und Gegebenheiten untergeordnet. Vermutlich ist nicht Lenins Liebe zum Schach das Motiv der staatlichen Förderung des Schachspiels, sondern das nüchterne Kalkül, dass mit dem Schachspiel in einer kargen Zeit mit unzureichender Produktion von Nahrungsmitteln und Konsumgütern eine Ablenkung von den Nöten des Alltags geboten wurde, die vor allem die intellektuellen Kräfte beschäftigte und ablenkte, von denen schließlich die größte Gefahr einer konterrevolutionären Strömung ausging. Von den Schachmeistern und Trainern und Funktionären wurde nicht nur Erfolg, sondern auch absolute Linientreue verlangt, was vermutlich eine ganze Reihe von Talenten, die mit der strengen Disziplin und dem Kadavergehorsam Schwierigkeiten hatten, in ihrer Entwicklung behinderte oder sie nahezu völlig vom schachlichen Aufstieg ausschloss. Nur wer parteikonform war, kam für Turniere im Ausland in betracht und das auch nur dann, wenn er den Funktionären genehm war. Erst Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erfahren wir aus Interviews oder aus Büchern, wie etwa Genna Sosonko "Smart Chip from St.Petersburg and other tales of a bygone chess era" (New In Chess 2006), mehr über diese Schattenseiten des Systems. Dennoch hat das sowjetische Schach die Welt des Schachspiels verändert und bereichert wie kein anderes Land je zuvor. Das gilt auch auf dem Gebiet der Taktik und der Studien und so hat sich dieses Buch die Aufgabe gestellt, dem interessierten Schachfreund sowohl einen kleinen Überblick über die Entwicklung des Schachspiels in Russland und der Sowjetunion zu geben als auch Beispiele interessanter Taktik zu vermitteln. Zwar sind schon Sammlungen taktischer Stellungen aus der SU erschienen, aber in aller Regel nur in russischer Sprache oder mit nur kurzen Kommentaren und somit für die Masse der Leser nicht nutzbar. In diesem Buch findet der Leser sowohl fast unbekannte Kombinationen als auch solche, die ihm vielleicht aus Lehrbüchern bekannt sind,deren Herkunft ihm aber nicht bewusst war. So soll dieses Buch auch eine Würdigung all der oft unbekannten klugen Köpfe sein, die einen Beitrag zur Vielfalt des kombinatorischen Schachs geleistet haben. Dieses Buch ist kein historisches Werk und erhebt keinerlei Anspruch auf Wissenschaftlichkeit oder Vollständigkeit und die einschlägigen Experten wollen bitte über die sicher vorhandenen Schwächen nachsichtig hinwegsehen. Schon aus Platzgründen ist es nicht möglich, detaillierter auf die zahlreichen Schachereignisse einzugehen und so ist auch der Schwerpunkt auf die wenig bekannte Frühzeit gesetzt. Einen Einblick in die Anfänge des sowjetischen Schachs und besonders über die im Westen wenig bekannte Rolle Alexander Iljin-Genevsky vermittelt der einleitende Aufsatz von Heinz Brunthaler. Dieses Buch ist auch keine Auswahl der besten Kombinationen aus der sowjetischen Ära, denn das würde aufgrund des hohen Niveaus für manchen Leser eine zu schwere Kost sein. Das Ziel dieses Buches ist, dem Leser einige interessante Informationen über die Geschichte der größten Schachnation aller Zeiten zu geben und eine breitgestreute Auswahl von Kombinationen aus einem Zeitraum von mehr als Hundert Jahren anzubieten, um so interessante Lektüre, schachliches Vergnügen und für den sportlich ambitionierten Leser auch einen gewissen Trainingseffekt zu verbinden. In diesem Sinne viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen Martin Weteschnik 127 Seiten, 2007.
 
Bewertung:123
(keine Bewertung)
 
Artikel Nr.:207-59
Preis: 9,00 EUR inkl. MwSt.